Station 6

Heinrich Frankenburger

Maximiliansplatz 16 (links vom Eingang)

 

Wir stehen jetzt vor einer weiteren vor 1933 sehr renommierten Anwaltskanzlei. Geleitet wird sie von dem geheimen Justizrat Professor Dr. Heinrich Frankenburger und seinem Schwiegersohn Dr. Friedrich Freudenreich. Die zahlreichen Titel lassen es vermuten: Heinrich Frankenburger ist einer der erfolgreichsten Rechtsanwälte seiner Zeit. Zu seinen Mandanten zählten etwa die Deutsche Bank, Prinz Ludwig Ferdinand von Bayern und Thomas Theodor Heine. Von ihm und seiner Familie wollen wir Ihnen nun mehr erzählen.

Heinrich Frankenburger wird 1856 geboren und wächst in Regensburg auf. Nach seinem Jura Studium in München arbeitet er bei seinem Cousin in Nürnberg als auszubildender Jurist. 1888 kehrt er nach München zurück und wird hier als praktizierender Rechtsanwalt tätig. Während des ersten Weltkrieges arbeitet er beim ersten bayrischen Militärgericht als Verteidiger und lehrt gleichzeitig als Dozent an der Handelshochschule. Er wechselt 1922 an die Technische Hochschule München, die ihn drei Jahre später zum Honorarprofessor beruft. Er ist ein bescheideneren Mensch und unterstützt bedürftige Studierende, indem er vollständig auf sein Honorar verzichtet.

Frankenburger ist Vater von fünf Kindern. Er wird in seinem Leben immer wieder mit schweren Schicksalsschlägen konfrontiert. Sein ältester Sohn Ernst fällt 1916 im Weltkrieg bei Verdun. Seine Frau Anna kommt nur zwei Jahre später ums Leben. Als sein Sohn Karl 1929 in einem Sanatorium stirbt, gründete Frankenburger in seinem Andenken eine Stiftung für Begabte, aus der später das Wilhelmsgymasium hervorgeht. Frankenburger engagiert sich auch im Verband der Bayrisch Israelitischen Kultusgemeinde. Zu seinem Abschied schreibt die Gemeindezeitung 1926:

„Eigene Sorge und eigener Kummer haben Frankenburger aber nie veranlasst, die seiner Gemeinschaft gegenüber übernommenen Pflichten zurückzustellen. […] Gestützt auf ein reiches jüdisches Wissen, hat er aus innerer Anteilnahme heraus an der Leitung der Gemeindegeschäfte mitgearbeitet, die ihm nicht nur reine Verwaltungsgeschäfte waren, bei denen er vielmehr die großen Zusammenhänge erkannte und aufwies. Sein Ausscheiden wird von allen Seiten, ohne Unterschied der Parteirichtung, auf das schmerzlichste empfunden.“

Am 7. April 1933 wird das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ erlassen. Es ermöglicht es den Machthabern, jüdische und politisch missliebige Beamte aus dem Öffentlichen Dienst zu entfernen. Aufgrund seiner Popularität und seines großen Ansehens belässt das Kulturministerium und die Technische Hochschule München Frankenburger zunächst im Amt. Als jüdische Rechtsanwälten Ende 1938 endgültig ihre Zulassung verlieren, erhalten auch Frankenburger und sein Schwiegersohn Berufsverbot. Von diesem Schlag erholt sich Frankenburger nicht mehr. Kurz darauf verstirbt er am 8. Dezember 1938 im Alter von 82 Jahren.

Sein dritter Sohn Paul wandert aufgrund der wachsenden antisemitischen Anfeindungen in Deutschland bereits 1933 nach Palästina aus. Unter dem Namen Paul Ben-Haim wird er dort als Komponist berühmt. Auch Seine Schwester Dora kann zwei Jahre später gemeinsam mit ihrem Mann Friedrich Freudenreich nach Israel emigrieren. Therese, die zweite Tochter von Heinrich Frankenburg, gelingt die Auswanderung nicht. Sie wird nach Theresienstadt deportiert und in Auschwitz ermordet.
 

Friederike Beck