Station 3

Ferdinand Kahn

Theatinerstraße 32

 

Hier in der Theatinerstraße 32 hatte vor über 80 Jahren der Rechtsanwalt Ferdinand Kahn seine Kanzlei. Ferdinand Kahn wird 1886 in Augsburg als Sohn eines Bauamtmanns geboren. Nach seinem Abitur beginnt er 1906 in München ein Studium der Rechtswissenschaften. Später zieht er in die Schweiz nach Lausanne und dann nach Erlangen, wo er 1911 zum Thema Urheberrecht seine Dissertation verfasst. 1912 legt er die Staatsprüfung ab und lässt sich im folgenden Jahr in München als Anwalt nieder. Nebenbei arbeitet Ferdinand Kahn als Schriftsteller für die Fliegenden Blätter, einer humoristischen, reich illustrierten deutschen Wochenschrift, die für ihre satirische Charakterisierung des deutschen Bürgertums berühmt und berüchtigt ist.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 verwüsten und plündern die Nationalsozialisten die Kanzlei. Kahn wird zusammen mit hunderten anderen jüdischen Männern verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau eingewiesen. Dachau war 1933 als erstes Konzentrationslager eingerichtet worden und diente dem NS-Regime als Gefängnis und Folterstätte für seine politischen Gegner. Von Beginn an werden dort auch Juden inhaftiert. Im Lager ist der lebensfrohe Kahn für viele seiner Leidensgenossen eine wichtige Stütze. Er ermutigt sie, durchzuhalten, und tröstet sie.

 Am 1. Dezember 1938 entzieht das NS-Regime allen jüdischen Rechtsanwälte die Zulassung. Ferdinand Kahn befindet sich zu diesem Zeitpunkt noch in Dachau und wird erst Wochen später frei gelassen. Die sofortige Ausreise aus Deutschland machen die Nationalsozialisten zur Bedingung seiner Entlassung. Wie so viele andere Juden zu dieser Zeit, versucht Kahn mit allen Mitteln aus Deutschland zu fliehen. Dabei hilft ihm Bruno Frank, der schon ausgewandert ist und in Beverly Hills lebt. Über England kann Kahn in die USA ausreisen. Kahn und Frank kennen sich über einen Gemeinsamen Bekanntenkreis, der sich in Schwabing im „alten Simpel“ trifft. Wie dankbar er seinem Freund für dessen Hilfe ist, zeigen seine Erinnerungen:

„Ich war eben aus dem Konzentrationslager Dachau gekommen. Noch gejagt und gepeinigt von dem Gebrüll des entlassenden Wüterichs: „Nun aber schieb aus Deutschland – sonst holen wir dich wieder und dann kommst du nicht mehr heil raus!“ Ja – ich wollte – doch wie – wohin? – Er hatte kaum von meiner Not erfahren und schon kam mit schneller Post das rettende Affidavit! Und meine alte Mutter weinte vor Rührung und Dankbarkeit: Ein wirklicher Freund, Bruno Frank, ein wirklicher Freund!“

In den USA gelingt es Ferdinand Kahn zunächst nicht, ein neues Leben als Drehbuchautor zu beginnen. Er gründet daraufhin eine erfolgreiche Töpferei. Auch im Exil engagiert er sich in verschiedenen Vereinigungen. Er tritt dem „Jewish Club of 1933“ bei - ein von jüdischen Einwanderer gegründeten Verein zur Förderung von Freundschaft und Geselligkeit - und er engagiert sich als Mitarbeiter in der bekannten Exilzeitschrift „Aufbau“. 1951 stirbt Ferdinand Kahn im Alter von 64 Jahren in Hollywood.

 

Eva Katzinger