Henriette Maria Beck

Henriette Maria Beck, geborene Falkenstein, wird am 13. März 1869 in Mannheim geboren. Ab 1887 nimmt sie Gesangsstunden bei der Sopranistin Johanna Jachmann-Wagner, einer Nichte Richard Wagners. 

 

Sie wird 1890 als Sängerin an die Oper in Köln berufen, dem ein weiteres Engagement an das Hoftheater in Dessau folgt. Fortan tritt sie als Konzertsängerin auf. 

 

Im gleichen Jahr heiratet sie den vierzehn Jahre älteren Theaterdirektor und Agenten Hofrat Otto Beck, der 9 Jahre das Münchner Volkstheater leitet. Mit ihrem katholischen Ehemann zieht sie 1914 nach München, dort bezieht das Ehepaar eine repräsentative Wohnung in der  Widenmayerstraße 29. 

 

Während des Ersten Weltkrieges leitet Henriette Maria Beck ein Verwundetenheim und arrangiert zahlreiche wohltätige Morgenaufführungen im Münchner Volkstheater. Sie veranstaltet zudem Aufführungen in Lazaretten und wird für diese Aktivitäten mit dem Ludwigskreuz geehrt.

 

Ihr Ehemann stirbt im Juli 1942,  Ohne den Schutz einer „privilegierten“ Ehe wird sie am 20. April 1943 nach Theresienstadt deportiert, wo sie im Alter von 74 Jahren, am 3. Januar 1945 stirbt.

 

Käthe Starke, eine ehemalige Mitarbeiterin der Lagerbibliothek schreibt über die letzten 8 ½ Monate der Henriette Maria Beck: 

„In diesem Milieu traf ich die heitere Hofrätin Beck aus München. Eine Schülerin der Jachmann-Wagner, als Opern-und Konzertsängerin zu ihrer Zeit gefeiert und im 1. Weltkrieg für Verwundetenbetreuung hoch dekoriert. Jetzt hatte es sie aus ihrer repräsentativen Wohnung in der Widenmayerstraße hierher verschlagen, nachdem ihr Mann, der Theaterdirektor und spätere bekannte Theateragent Hofrat Otto Beck, verstorben war (....) Sie war seit April 1943 im Lager, und sie hatte noch Reserven an Mut. Ihre 74 Jahre sah ihr niemand an. Die warmherzige Fröhlichkeit, ihre Hilfsbereitschaft, waren für ihre Umgebung eine Wohltat.“

 

„Als ich zum ersten Mal wieder im Prominentenhaus arbeitete, verschwand die Hofrätin Beck geheimnisvoll im Keller, um gleich darauf leichtfüßig wiederzukehren. Da – nehmen Sie, flüsterte sie, und aus ihrer blauen hausfraulichen Trägerschürze wechselte ein Häufchen Brennholz in die Tasche meiner Arbeitsschürze über. Tun Sie’s weg, muss nicht jeder sehen - riet sie mir noch. Was sollte ich tun? Die Hofrätin Beck aus der Widenmayerstraße in München, war für mich schleusen gegangen.“

 

„Wenn Avisa für Päckchen verteilt wurden, wartete sie geduldig, dass eins für sie dabei war, aber es kam keins. Sie wurde immer dünner, immer stiller, schließlich konnte sie nicht mehr aufstehen vor Schwäche. Da kam im Winter 44/45 ein Paket. Aus Schweden. Ich weiß nicht von wem, ich weiß auch nicht, ob sie sich darüber noch gefreut hat, aber ich weiß, dass sie die Milchprodukte, die es enthielt, aus denen man ihr einen Pudding bereitet hatte, nicht einmal mehr teelöffelweise zu sich nehmen konnte, der fortgeschrittenen Darmkrankheit wegen, die das letzte Stadium vorm Verhungern ist. […]

 

Eine Spur feierlicher gestaltete sich die Abschiedsstunde für die Hofrätin Beck an einem frostigen Morgen. In der gleichen Redoute, die zu einer Art Aussegnungshalle bestimmt zu sein schien. Dr. Artur Goldschmidt aus Reinbek im Sachsenwald, der sich der Belange der evangelischen Juden angenommen hatte, sprach Worte der Würdigung, die der Herzenswärme der Verstorbenen und ihrer ausgeglichenen Heiterkeit nicht im Geringsten gerecht werden konnten. Drei rohe Holzkisten standen ordentlich ausgerichtet, angeblich war es die Mittlere. Jemand hatte ein kleines Gebinde aus Tannengrün daraufgelegt, vielleicht Eugenie Gorter, die Zimmergenossin, die Frau Beck zuletzt gepflegt hat. Es hätte die Hofrätin zu Lebenszeiten erfreut, aber da hätte sie es nicht besitzen dürfen. […]

 

Mitte Januar, vier Monate vor der Befreiung, die sie so inbrünstig zu erleben gewünscht hat, verhungerte die liebe Hofrätin Beck neben ihrem ersten Schwedenpaket, das etwas zu spät eingetroffen war.“

 

Eva König